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Sehnsucht nach der Ferne | AK68 Mitgliederausstellung 2011

Stefan Scherer | Kunst und Texte | Sehnsucht nach der Ferne | AK68 Mitgliederausstellung 2011 | 04.12.2011 – Galerie im Ganserhaus

 

„Sehnsucht nach der Ferne“ das diesjährige Konzept von Roma Babuniak beschert der Mitgliederausstellung 2011 ein Kaleidoskop von Ansichten und Sehnsüchten über das Fernweh, über die Ferne an sich und überhaupt über die Ambivalenz von geographischen und romantischen Distanzen. Von Immanuel Kant bis Freddy Quinn durchzieht dieses Thema der leidenschaftlichen Suche und des schmerzlichen Verlangens unsere Kulturgeschichte und dieses Jahr an die 110 Arbeiten unserer Mitgliederausstellung. Und interessanterweise zeigen sich in einer groben Einordnung oder Kategorisierung bestimmte künstlerische Vorlieben in der Bewältigung dieses Themas.

 

Eine dieser Lieblingsmetaphern ist der Horizont und er zieht sich durch alle Stilrichtungen: konkret, wie bei Hans Herbert Hartwigs „Quo vadis“ oder Dietrich Wolfgangs „Sehnsucht in die Ferne“, abstrakt-expressionistisch, wie hier bei Herrmann Wagner und Gerlinde Burkhard-Bießle, und in den oberen Räumen Joseph Köstler, Marielle Ehrlich, Christine Bross und Birgit Jung. Als Farbfeld erscheint sie bei Barbara Rapp, fotographiert von Jonas Münch und Harald Sedlmaier und schließlich als Landschaftsmalerei bei Angelika Reinthaler, Gertrud Kaiser, Julianne Halff und Elisabeth Mössbauer.

 

Und hinterm Horizont geht´s natürlich weiter mit Sinnbildern für die Ferne und ihre exotischen Wesen und Vermutungen; Elefanten bei Angela Sans, das Sex-Krokodil von Gabi Dräger, Birgit Binders minutiös kollagierte Winkekatze, Brigitte Bosshammer abstrakter African Dream und auch Omi Schneiders Tahiti sieht tierisch aus. Und zwei seltene Porträts kann man entdecken; das eine von Andreas Irtl im Gang zum Keller „Erleuchtung, wo?“ und das andere, der „Wüstentraum“ von Helga Goldhorn im ersten Stock.Dort im großen Raum haben wir auch die teils großformatige, abstrakte Malerei platziert mit Arbeiten von Angelika Sieger, Renate Trobitsch, Ursula Kammerl, Monika Reinhard, Christine Bross und Barbara Grigull.

 

Und natürlich gibt’s Boote. Und hier sind es erstmal die drei Boots-Skelette von Roma Barbuniak der Macherin unseres diesjährigen Konzepts. Einmal im Treppengang zum Keller – wir fanden diesen Ort auch deshalb besonders reizvoll, weil man das von der Decke hängende Boot im vorüber- oder daruntergehen aus mehreren Perspektiven erleben kann, quasi als Boot und als Luftschiff und ein andermal als Installation übereinander gehängter, schwebender Bootsgerippe. Und ebenso unübersehbar das 2-Meter-und-noch-was-Stahlschiffchen von Ute Lechner und Hans Turner. Und weiter gehören zu dieser Kategorie der Skulpturen und Installationen Hubert Auers Holzskulptur, „der Unentschlossene“, Manfred Feith-Umberths witzig ironischer Künstler-Schrankkoffer, „to be or not be“ im Gewölbe des Untergeschosses und Gabriele Granzers ironische, wie dramatisch persönliche Mauernischen-Installationen im Eingang und Treppenhaus, “Motorradfahren mit Oma oder du mein du“

 

Schließlich möchte ich noch unsere kleine Wand im ersten Stock mit den achtzehn kleinen Formaten erwähnen, – unser Klein-Petersburg, weil in der Petersburger Eremitage die Weltkunst ganz wie bei uns aus Platzgründen drunter und drüber hängt, aber wie bei uns ein spannendes Nebeneinander sehenswert vielfältiger Positionen.

 

Leider kann ich hier nicht alle Künstler erwähnen und nicht alle Arbeiten oder Positionen im Einzelnen beschreiben, so wie sie es verdient hätten. Wir Beteiligten und ehrenamtlichen Ausstellungshelfer aber – und ich bin sicher auch die meisten Besucher werden es sein – sind uns darin einig, dass man ganz im Sinne dieser Ausstellung ziemlich in die Ferne schweifen muss, um in unserer Region eine ähnliche qualitätsvolle Mitgliederausstellung zu finden.

 

Jetzt ganz zum Schluss möchte ich sie noch auf die, meiner Ansicht nach wohl sinnfälligste Arbeit dieser Mitgliederausstellung 2011 aufmerksam machen; ein kleines Readymade von Jutta Mayr; ein Raststätten-Toilettenbon, wie eine Fahrkarte ins Glück für nur 72 Cent. Das Gute also liegt so nah und ist meistens billig, so wie der schöne Schmerz und das Fernweh unserer Mitglieder.

 

Stefan Scherer | 04.12.2011

 

 

 

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